Geschichts und Heimatverein Goldbach e.V.
Geschichts und Heimatverein Goldbach e.V.

Das Wunderkreuz

 


Vom Kreuz der Born der Liebe quillt,
Das Kreuz auch ihre Thränen stillt.
Amaranth v. Osear V. Redwitz.


Im freundlichen Aschaffthale, zunächst am untern Gar­tenhofe und eine halbe Stunde von Aschaffenburg liegt ein kegelförmiger waldbewachsener Hügel, der einige un­bedeutende Mauertrümmer trägt. Das ist alles, was von der stolzen Burg Kugelnberg, dem Wohnsitze der reichen Edlen gleichen Namens, übrig geblieben ist — und doch sind diese morschen Reste ein ehrwürdiges Denkmal der innigsten Vater- und Geschwisterliebe.


Am Anfange des dreizehnten Jahrhunderts hauste auf dem Kugelnberge ein Ritter, der zwar mehrere Söhne, aber nur eine einzige Tochter hatte. Sie war der früh dahin geschiedenen Mutter Ebenbild und darum schon des
Vaters Liebling. ihre Herzensgüte, ihre Sanftmuth, ihre Mildthätigkeit erwarben ihr aber auch die Liebe ihrer Brüder und den Segen aller Armen und Preßhaften der Umgegend.


Veit von Helmenroth, ein junger ehrenhafter Ritter aus der Nachbarschaft, war dem Burgfräulein verlobt. Der Segen der Kirche sollte sie verbinden, sobald die Fehde beendigt war, an der Ritter Veit zur Erfüllung seiner Lehenspflicht hatte Theil nehmen müssen. Sie war geendet; siegreich kehrte Veit mit seinen Reißigen zurück und freudigen Herzens, sollten ja doch seine Heimkehr und seine Vermählung zugleich gefeiert werden. Wie fröhlich flattert das Banner im Morgenwinde, wie hell klingen die Trompeten durch die Au, wie leicht tanzen die Rosse der Heimath zu! Bald ist Veit am Fuße des Kugelnbergs angelangt. Er hört bereits den Willkommen, den ihm das Horn des Thurmwächters entgegen ruft, — und auf dem Söller erscheint die liebliche Gestalt der Braut, die dem Geliebten den Gruß der Liebe zuwinkt. Da fliegen Herz und Sinne der holden Maid zu, er vergißt, daß das Roß auf der steinigen Bahn den Zügel braucht, und das Roß strauchelt und häuptlings stürzt Veit in derschweren Rüstung so hart auf ein Felsstück, daß er todt bleibt. — Durch das Burgtor, das zum festlichen Em­pfange des liebewarmen Bräutigams mit Laubgewinden geschmückt war, brachten die trauernden Knappen auf ihren Lanzenschaften die kalte Leiche.


Das Burgfräulein, obwohl namenloses Weh im Her­zen, trug das herbe Loos in frommer Ergebung. Auf dem Gesteine, welches das Blut des Geliebten getrunken hatte, ließ sie ein Kreuz aufrichten mit dem Bilde dessen, der für die Sünden der Welt freiwillig den bittersten Tod gestorben. Wenn sie ihr Schmerz übermannte, wandelte sie zu dem Kreuze und flehte in heißem Gebete zu dem Allbarmherzigen um den Frieden ihrer Seele — und er ward ihr gewährt. Sie sagte sich los von der Erde und nahm den Schleier in dem Kloster der Cisterzienserinnen im Hain, das die Edlen von Kugelnberg kurz vorher, im Jahre 1218, gestiftet hatten.


Mit der Jungfrau war die Freude aus der Burg ge­schieden ; sie gab nur noch traurige Erinnerungen. Darum verließen sie die Edlen von Kugelnberg und erbauten sich oberhalb Fechenbach am Maine eine neue Burg, die zuerst gleichfalls Kugelnberg, später Kollenberg, genannt wurde. Das alte Kugelnberg blieb unbewohnt und verfiel allmählig.


Die Landleute hatten an dem harten Schicksale des Burgfräuleins innigen Antheil genommen. Ehrerbietig wichen sie ihr aus, wenn sie tief trauernd zu dem Kreuze wandelte, aber sie beugten in der Ferne mit ihr die Knie und gemeinschaftlich stieg ihr Gebet mit dem der Jungfrau zum Himmel auf. Sie waren Zeuge, wie wunderbar ge­stärkt das Fräulein die Stätte verließ — und als sie sich in das Kloster eingeschlossen hatte, ward das Kreuz die Zuflucht vieler Bedrängten. Das Gebet, das ein gläubi­ges Herz vertrauensvoll zum Himmel sendet, verhallt nicht ungehört und so fanden und finden Viele bis zum heuti­gen Tag Trost in geistigen und körperlichen Leiden im Gebete vor dem Kreuze, das deshalb den Namen „Wunderkreuz" erhielt.


Die Aufschrift des Kreuzes, welche jetzt die Zeit ver­löscht hat, war:


1221.

Uf fr Velde
blieb hie tod
Der vest Mann
Veit von Helmenroth
Bitt Gott für sein Seel.

 

Quelle: Herrlein, Adalbert von: Aschaffenburg  1851 | Verlag: Krebs
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